Mittwoch, 18. Juli 2012

Sternenfahrt

Leise sprechend schreite ich durch die Allee. Ist es Mitternacht oder Mittag. Ein helles Himmelskörper steht am Zenit und blendet die Sicht. Es ist strahlend, dass es schmerzt und erfreut zugleich. Die düsteren Tage sind nun vorüber.
Von den Sternen erfuhr ich, dass es bald schneien wird. Aber kein gewöhnliches Schnee sondern unsichtbar. Ein Schimmer wird sich über die Erde legen über alles Bewegliche und Unbewegliche. Freude würde jemand mit Kindsgemüt empfinden der dieses Funkeln sieht.
Die Nacht ist hell, hellblau. Das Schwarze des Himmels ist Milliarden-fach durchlöchert vom pulsierendem Lichter-Staub. Wenn das Universum unermesslich ist, dann sind tatsächlich so viele Sterne am Himmel wie dieses Staub. Es kann niemals Dunkelheit sein im unermesslichen All.
Als Toter fürchte ich mich nicht von der Dunkelheit, denn sie ist der Mantel des Un-gewesenen. Stattdessen suche ich nach ängstigenden Begebenheiten, nach furcht einflößenden Ungeheuern und erschreckenden Tunichtgute um sie vom Frieden zu überzeugen.

Als ich noch lebte, dass Gestern vergangen war und Morgen nicht existent, suchte ich wie die meisten nach Vergnügen. Nun bin ich in einem Zustand, dass nichts vergeht, und nichts entsteht. So sind Gestern und Morgen keine Belange mehr für mich. Ich habe den sich entzweienden Zeitverlauf überwunden. Es ereignet sich nichts Belastendes mehr, da ich kein Wesen mehr bin der überladen wäre mit Erwartungen.
Was schreibbar ist, muss nicht mehr gelebt werden, deshalb schreibe ich das, was die Lebenden wohl für unmöglich halten.
Ich kenne noch nicht die Wege, um zu den verschlossenen zu gelangen, die Ihr es seit. Ich kann mich nicht mehr verschlissen um so zu sein wie Ihr. Denn dann hätte ich nichts zu berichten. Dagegen erwarte ich, dass Ihr euch öffnet um das Grobe fallen zu lassen, um die erzwingenden Abläufe beenden zu können. Dann könntet ihr mich verstehen, dann würden vor euren Augen die Sterne warm werden und unaufhörlich tanzen.

Warum vergräbt sich der Mensch in dem Gedanken, dass er ein Nichts sei, wobei ihm obliegt frei zu werden. Lebend frei zu werden, das ist die beste Kunst. Ob ich noch lebe kann ich Euch nicht beantworten. Doch weis ich, dass im Leben sich die Tore zu Vervollkommnung, zur Freiheit öffnen müssen, ansonsten verschmilzt der Mensch im Nichtsein mit der Dunkelheit.
Die Sterne, das Licht des Mondes, der Sonne befreien vom un-ablesbaren Zustand des Gefesselt-seins. In Feld der Sternen treffen sich alle Un-fesselbaren.

Dienstag, 17. Juli 2012

Abgrund der Vergänglichkeit

Es gibt nichts Vergängliches, das es wert wäre es zu beginnen. Was jedoch schleift die Menschen von Angst zu Angst. Hastend, keuchend raffen und schlagen sie. Sie hintergehen um einen Bissen mehr diejenigen, die Ihnen Leben versprechen. Nur an soviel kann ich mich noch erinnern an das was ich losgelassen hatte.
Die Welt, an die ihr euch so klammert ist nur ein brüchiges Sandhaufen. Wenn ein rücksichtsloser Ungetüm den Abdruck seiner schweren Stiefel darin einbrennt so betrachtet ihr alles als verloren, für immer. Doch es ist nur ein Schattenspiel. schmerzvoll, trennend jedoch nicht unausweichlich.
Die Ungeheuer sind Geburten der Unwissenheit, der Habsucht. Als ich noch so lebte, dass ich auch diesem Ungeheuer frönte, war es mir nicht bewusst, dass ich Schritt für Schritt mich dem Grat näherte von dem aus der Abgrund der Vergänglichkeit deutlich erkannt werden konnte. Anstatt einen Sicheren Weg zu suchen, eilte ich darauf zu, wie alle anderen.

Ich kann mich an kein Sturz, keinen Aufprall erinnern. So war der Abgrund der Vergänglichkeit wohl das Unaussprechliche: Die Geburt, die keine Rückwärtsgewandheit mehr zulässt.
Hier verlor Menschsein alle Farben, alle Unterschiede, die zuvor zu Trennung führten. Ich weiss, ich muss dennoch ein Weg zurück finden um Euch zu unterrichten. Euch zu helfen um gute Wege zu finden.
Es ist nichts so Aussichtslos, höre ich, als in etwas Trägem Energie zu speißen. Schliesslich kann es durch zuviel Energie in Tausend Stücke zerspringen. Dennoch weiss ich, dass viele unter Euch sind, die eine gute Beschleunigung verkraften könnten. Deshalb suche ich unermüdlich nach einer Weg zu Euch.

Die jenigen, die mir das nahmen, was man allgemein Leben nennt. Handelten voller Hass, voller Verachtung mir gegenüber. Dass die Gewalt sie übermächtig machte und sie deshalb die Befugnis bei sich sahen, mir das Leben zu nehmen.
In diesem Zustand, in dem ich jetzt bin, will und kann ich selbst kein Hass empfinden. Nur das Bedauern, darüber dass meine Liebsten um mich trauern müssen und entbrannt sind voller Hass und Wut gegen die Mörder.
Doch weiss ich nicht, ob der Zustand in der ich bin, tatsächlich der Tod ist. Dafür habe ich zu viele Lebens-Regungen.
Ist der Mensch selbst nicht das Lebendigsein?

Montag, 16. Juli 2012

Spurensuche

Wenn ihr wissen wollt, warum ich nicht wieder ins Leben trete, und mich nicht bemerkbar mache auf irgend eine Weise, um diejenigen anzuzeigen, die mir das Leben nahmen?
So wisst, dass ich nicht weis, ob der Zustand in der ich mich befinde tatsächlich der Tod ist.
Ich verweile weiterhin unter Euch, ich wandle durch eure Märkte und streichle die Kinder, die am Wegrand Murmel spielen. Ist das nich lebendig sein? Wenn nicht, was ist es dann?

Irgend etwas ist jedoch anders als zuvor wie es in dem Zustand war, die allgemein Leben genannt wird: Es vergeht keine Zeit mehr. Ich fürchte mich nicht, dass meine Liebsten mir abhanden kommen könnten.
Es ist ein fliessender Erkenntnis vorhanden, dass die Körper die uns trugen oder tragen empfindsame Fühler sind, die nicht wie eine Wahrnehmung, verloren gehen können.
Ich kann nicht einmal sagen, ob ich einen Körper führe. Ich nehme Wärme wahr, Feuchtigkeit, Saueres, Helles, Spitzes, Lautes. Ich kann aber nicht sagen ob ich Fingerspitzen habe, Ohren, Pupillen, Zunge. So ist es mit der Unvergänglichkeit.
Falls ich dennoch weiterhin ein Körper haben sollte, -zumindest in Euren Augen- so ist es mir klar, dass es einmal absterben wird. Werde ich jedoch überhaupt mitbekommen, wenn das passiert?
Werden meine bisherigen körperlichen Wahrnehmungen sich nicht auf andere Bestandteile des lebendigen Seins begeben?

Ich müsste eigentlich diejenigen melden, die dem Körper die Lebendigkeit raubten. Falls sie das tatsächlich taten?
Ich habe vergessen, wie eine Zunge bewegt werden kann um ein Laut zu formen. Ich vergas das Heben des Handes, um einen Stift zu halten. So dauert es noch lange, bis ich meine Anklage verfasst habe. Wenn ich so weit bin, werden die Körper derer wohl auch längst leblos und verwest sein, die mich töteten.

Muss ich denn aufstehen um eine Gesamtklage zu erheben, gegen alle Tötenden?
Vergeben sind Hass und Gewalt nicht. Die Schmerzen sind nicht vergeben.
So erhebe ich im Zustand, dem der Tod nichts mehr ausrichten kann Anklage; gegen alles Tötende. Gegen jegliches Verbrechen, das je stattgefunden hat. Wohlwissend, das ich auch solchen Verbrechens mich schuldig gemacht hatte. Deshalb will ich verhindern, jemals wieder Lebenden Schaden zuzufügen.
Denn nun bin ich lebendig.